Wissenswertes

Wie Pferde lernen

Stute und Fohlen beim Grasen und Spielen auf der Wiese. Einfach Natürlich.

Das angeborene Verhalten des Pferdes ist an durchschnittliche Umweltgegebenheiten angepasst. Lernen ist für ein Pferd dann notwendig, wenn sich die Anforderungen durch die Umwelt ändern. Lernen kann aber nie zu neuen Verhaltensweisen führen. Lernen kann vielmehr nur die angeborenen Verhaltensweisen mit neuen Reizen kombinieren, um das Verhaltensspektrum zu erweitern. Anders als angeborenes Verhalten kann erlerntes aber auch wieder verloren gehen.

 

Wichtig ist somit, dass ein Pferd nur Lektionen gut lernen kann, wenn sich die Lektion an Verhaltensweisen orientiert, die das Pferd aus der Veranlagung heraus vornimmt. Wichtig ist hierbei, dass Körper und Geist des Pferdes die notwendige Reife erreicht haben, um den Anforderungen an das Training gewachsen zu sein. Besonders bei motivierten und leistungswilligen Pferden ist es leicht, eine Überforderung zu provozieren. Dies muss vermieden werden, da sich sonst negative Erfahrungen einprägen und das Pferd sehr schnell verdorben wird. Aus Motivation wird dann sehr schnell ein Rückschritt in der Ausbildung. Es reicht nicht aus, dass das Pferd versteht was man von ihm möchte, es muss auch objektiv in der Lage sein die Leistung zu erbringen. Um dies zu erkennen benötigt der Ausbilder viel Erfahrung. Gerade junge Pferde werden leicht in ihren Möglichkeiten überschätzt. Ein junges überfordertes Pferd wird sehr lange in der Ausbildung stagnieren und sich von der Überforderung eventuell nie erholen.

 

Aus den besagten Gründen empfehlen wir folgendes in der Ausbildung zu beachten:

  1. Beginne mit der Pferdeerziehung bereits im Fohlenalter. Führen, Beine heben, Still stehen, Hänger gehen usw. kann bereits ein Fohlen lernen. Ein Fohlen, das an die Ausbildungsarbeit gewohnt ist, wird sich auch in der späteren Ausbildung williger zeigen.
     
  2. Die effektive Ausbildung von Jungpferden sollte erst ab dem 4. Lebensjahr beginnen. Vorher ist ein Pferd noch nicht in der Lage, den mit dem Lernen einhergehenden Stress effektiv zu verarbeiten. Ein Pferd im Alter von 2 – 4 Jahren sollte an die regelmäßige Arbeit gewöhnt werden. Dies geschieht am besten mit der Arbeit an der Longe. Auch freies Springen kann eine sinnvolle Einführung in die Ausbildung unter dem Sattel sein.
  3. Bedenke, dass jedes Pferd, das Du erwerben und ausbilden möchtest, bereits Erfahrungen gesammelt hat. In der Regel weißt Du nicht welche Erfahrungen diese sind – ob positive oder negative. Aus diesem Grund empfehlen wir die Grundprogrammierung des Pferdes in einen neutralen Bereich zu bringen. „Zuerst muss die Festplatte gelöscht werden, bevor diese neu bespielt werden kann“.
     
  4. Bedenke die rassetypischen Unterschiede beim Lernvermögen. Gerade Gebäudeprobleme können es einem Pferd unmöglich machen, gewisse Lektionen ohne Schmerzen zu erlernen. So haben z.B. Pferde, mit zu wenig "Ganaschenfreiheit" Probleme durch das Genick zu gehen.
     
  5. Bedenke die geistige und mentale Grundverfassung des Pferdes. Auch gibt es große Unterschiede in der Intelligenz bei Pferden. Der Ausbildungsplan und die "Ausbildungsgeschwindigkeit" müssen sich an das Pferd anpassen.
     
  6. Bedenke, dass für jeden Lernerfolg viele gleichartige positive Erfahrungen notwendig sind. Nur Anweisungen, die das Pferd mit positiven Erlebnissen verbindet, wird das Pferd gerne vollbringen. Bei sehr negativen Erfahrungen genügt aber oft schon eine, um eine bleibende "Meidereaktion" auszulösen.
     
  7. Schaffe optimale Haltungsbedingungen. Je natürlicher die Haltung des Pferdes ist, desto ausgeglichener ist das Pferd. Mentale Balance ist die Grundvoraussetzung für die Lernbereitschaft. Ein Pferd, das in seiner normalen Umgebung mit zu wenig verschiedenen Reizen konfrontiert ist, wird eher zu Flucht und Panik tendieren, wenn es mit neuem konfrontiert wird.
     
  8. Gehe stufenweise im Ausbildungsprogramm vor. Baue neue Lektionen immer auf bereits gut eingeübte Lektionen auf.
     
  9. Trainiere regelmäßig, aber vermeide Langeweile.
     
  10. Unterteile das Training in eine Lösungsphase, eine Lernphase und eine Vertiefungsphase.
     
  11. Beende das Training mit einem positiven Erlebnis.
     

Beachte, dass Pferde auch durch Imitation lernen. Bedenke, dass jedes Verhalten, dass Du an den Tag legst, die Basis für Verhaltensänderungen Deines Pferdes seien kann. Beachte bei der Pferdeausbildung die psychischen und ethologischen Grundlagen des Pferdes. Viele Ausbilder sind zwar gute Reiter, aber ob diese auch auf dem Klavier der psychologischen Grundlagen des Pferdes spielen, ist entscheidend für den Erfolg der Ausbildung. In meiner Praxis der Korrektur von verhaltensauffälligen Pferden sehe ich immer wieder Pferde, die erst durch unfähige Ausbilder zu Verhaltensauffälligkeiten erzogen wurden. Dies geschieht zwar nicht bewusst, der Schaden ist aber dennoch groß. Prüfe den oder die Ausbilder genau, dem oder der Du Dein Pferd anvertraust. Verdorben ist ein Pferd schnell; die Korrektur kann aber dauern. Zeitaufwand ist natürlich auch mit Kosten verbunden und kann schnell den Spaß am Reiten trüben.